Kategorie: Aufsätze
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Dr. Nicolai Worm, geb. am 17.08.1951, studierte Oecotrophologie an der TU München und promovierte an der Universität Gießen. Er erfand die LOGI-Kost und ist seit 2009 Professor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHPG) in Saarbrücken. Mit seinen vielen Büchern hat er einen beachtlichen Bekanntheitsgrad erreicht. In diesem Buch, erschienen 2013, betrachtet er anhand neuester biochemischer Erkenntnisse die Ursachen unserer Zivilisationskrankheiten.

Der Buchtitel hat es in sich. Gänseleber ist bekanntermaßen eine teure Delikatesse. Die Leber ist ja normalerweise sehr dunkel. Kommt es zu Fetteinlagerungen wird die Leber je nach Fettgehalt immer heller. Das ist bei der Gänseleber so gewollt und wird durch das „Stopfen“ erzeugt. Dazu werden der Gans regelmäßig hohe Getreidemengen eingetrichtert. Dass dieser Vorgang auch auf den Menschen übertragbar ist, zeigt uns Nicolai Worm anhand von vielen aktuellen und seriösen Studien. Hier ein paar dargestellte Mechanismen:

Am Anfang allen Übels steht die Insulinresistenz.

Warum hat die Natur Insulinresistenz überhaupt eingerichtet? Wenn zu wenig Kohlenhydrate in der Nahrung sind, muss der Körper anfangen Zucker zu sparen, denn rote Blutkörperchen, Fibroblasten (Zellen im Bindegewebe) und das Nierenmark brauchen Glukose um zu Überleben, zusammen genommen mindestens etwa 30 g pro Tag. Zum Sparen schüttet er Hormone aus, die die Aufnahme von Zucker als Brennstoff in die Muskel-, Leber- und Fettzellen behindern (=Insulinresistenz) und stellt notfalls die benötigte Menge Zucker aus Eiweiß und Fett selbst her. Dieser Vorgang macht nicht krank, im Gegenteil erhält er die Funktionsfähigkeit des Körpers bei Zuckermangel aufrecht. Da kaum Zucker in der Blutbahn ist, braucht die Insulinmenge auch nicht erhöht zu werden.

Aber die Insulinresistenz tritt auch auf, wenn wir zu viel essen. Die Zellen sagen: „Wir haben genug Nahrung da, wir können nichts mehr brauchen.“ Sie machen dicht und reagieren nicht mehr auf das Insulinsignal. Aber der Zucker im Blut ist da und muss weg. Da Insulin der einzige Stoff im Körper ist, der den Zuckerspiegel senken kann, muss der Körper mehr davon ausschütten. Je nachdem wie fortgeschritten die Insulinresistenz ist, braucht der Körper im selben Maße mehr Insulin um die Resistenz zu durchbrechen. Es wird einfach solange Insulin ausgeschüttet, bis wieder ein normaler Blutzuckerspiegel erreicht ist. Menschen, die sich bereits eine gehörige Insulinresistenz erarbeitet haben, können so einen bis zu 10-fach erhöhten Insulinspiegel im Blut haben. Bis hierher wird Ihnen jeder Arzt noch bescheinigen, dass Sie vollkommen gesund sind, denn der Blutzuckerspiegel ist beim Messen, also nüchtern, normal.

Aber die Bauchspeicheldrüse als einziger Produzent des Insulins hat ihre Grenzen. Sie wurde nicht für diese Mengen Kohlenhydrate gebaut, die wir heute zu uns nehmen. Es kommt also vor allem bei Insulinresistenten ziemlich oft vor, dass trotz einer Megamenge Insulin, nicht aller Zucker als Glykogen in Muskel und Leber untergebracht werden kann. Was passiert also mit dem Rest? Die Leber muss den Zucker in Fett (Interessanterweise wird da nur Palmitinsäure gebildet) umwandeln und behält sich gleich mal einen großen Teil. Der Rest wird mit LDL-Transportern auf die Reise durch den Körper geschickt, verbraucht oder in Fettzellen eingelagert, die aber gar keine Lust auf noch mehr Fett haben. Solange diese Vorgänge aktiv sind, ist an einen Abbau von Körperfett zur energetischen Nutzung gar nicht zu denken. Die Verarbeitung des Zuckers und anschließende Einlagerung als Fett hat immer Priorität. Mit zunehmender Insulinresistenz verschärft sich diese Situation, die Leber verfettet und wird selbst insulinresistent. Damit kommt dort nicht mehr so viel Zucker an. Nun meint die Leber, dass zu wenig Zucker im Blut ist und fängt daraufhin an, selbst Zucker zu produzieren. Das Gleiche passiert, wenn die Bauchspeicheldrüse verfettet und insulinresistent wird. Auch sie meint, es ist zu wenig Zucker im Blut, reduziert die Produktion von Insulin und schickt Botenstoffe an die Leber, doch mehr Zucker zu produzieren. Jetzt kommt der Körper unter erheblichen Stress. Die ersten Krankheiten tauchen auf: Bluthochdruck, hohe Triglyzeride und LDL, wenig HDL, Gicht, Zucker und vielleicht auch eine NAFL (nicht alkoholische Fettleber).

Ergänzt wird die Insulinresistenz übrigens hervorragend durch die Leptinresistenz. Leptin meldet dem Gehirn nach einer Mahlzeit: “Alle Zellen sind hervorragend versorgt. Wir sind satt.“ Daraufhin lässt der Mensch einen zufriedenen Rülpser los und legt sich zu einem Schläfchen hin. Verursacht durch zu viele Fetteinlagerungen auch im Gehirn stumpft der Leptinrezeptor jedoch mit der Zeit ab, er wird resistent. Die Sättigungssignale erreichen das Gehirn nicht mehr. Der Mensch isst weiter, obwohl er bereits genug Nahrung hat.

Die obigen Vorgänge finden vor allem bei dickleibigen Menschen statt, aber auch Schlanke können betroffen sein. Denn das gefährliche Fett befindet sich in den Organen und das sieht man nicht von außen. Umgekehrt gibt es sie, die fitten Dicken. Sie bewegen sich regelmäßig und intensiv, ihre Organe sind fettfrei. Sie lagern das Fett in einer Geschwindigkeit in Unterhautfett ein, in der die sie versorgenden Adern mit wachsen können. Sie gehören auch dazu? Lassen Sie sich auf Insulinresistenz testen, dann sind sie sicher.

Zur Diagnose von Insulinresistenz, also dem Frühstadium all unserer Wohlstandkrankheiten, ist die Messung von Zucker und Insulin im Blut notwendig. Ihr Arzt wird die Werte ins richtige Verhältnis setzen und auswerten. Welchen Fettgehalt Ihre Leber bereits hat, lässt sich mit dem „Fatty Liver Index“ (FLI) gut abschätzen. Sie brauchen dazu folgende Daten: Triglyceride und GGT in Ihrem Blut, Ihr Alter, Gewicht und Größe sowie Ihren Bauchumfang. Die Formel, wie diese Werte in Beziehung zu setzen sind, ist äußerst kompliziert und wurde im Jahre 2006 von dem Italiener Giorgio Bedogni erfunden. Die Formel können Sie auf meiner Homepage www.melz.eu anwenden. Im Kommen ist auch die Messung von Fetuin-A im Blut.

Wie beseitige ich Insulinresistenz und wie entfette ich nun meine Organe? Körperliche Bewegung (Herzfrequenz mind. einmal täglich für eine halbe Stunde über 140) ist die halbe Monatsmiete. Die andere Hälfte finden wir bei der Ernährung. Alle, die zwischen Fasching und Ostern fasten (also auch das Bier weg lassen) haben recht. Diese Radikaldiät ist am wirksamsten. Wer es nicht so hart mag, macht eine Formula-Diät (z.B. Hepafast) oder lässt nur die Kohlenhydrate weg. Sie sind nicht essentiell, was bedeutet, dass der Körper ein ganzes Leben lang ohne gut auskommen kann (siehe Eskimos). Außerdem haben wir oben gesehen, dass sie dem Körper bei der Verwertung die meisten Probleme bereiten. Fett in Maßen und am besten die essentiellen Fette (O3 und O6). Auf Eiweiß sollten wir auf keinen Fall verzichten. Eiweiß wird als Baumaterial unbedingt gebraucht.
Bereits nach einer Woche Radikaldiät (oder 2 Wochen Formuladiät) funktioniert die Leber wieder, nach 7 Wochen auch die Bauchspeicheldrüse. Lässig dahin geschrieben, aber der letzte Halbsatz bedeutet, dass die Zuckerkrankheit Typ II heilbar ist.

Zum Abschluss ein paar Chemikalien, die die Entfettung fördern: Cholin, Methionin, EPA, DHA, Vit. D und E, L-Carnitin, Taurin, Inulin und Haferkleie (Beta-Glukan). Mit Frieren fördern Sie Ihre braunen Fettzellen, die Fett direkt in Wärme umwandeln können. Mit viel Schlaf geben Sie ihrem Körper Zeit, Reparaturen durchzuführen.